Kontaktperson: Gabi Boettcher, Straßkirchen

Frau Boettcher, wie leben Sie? Wie verbringen Sie Ihre Zeit, wenn Sie nicht für die DGM aktiv sind?

Ich lebe zusammen mit meinem Mann und unserem Hund in einem zu Wohneinheiten umgebauten ehemaligen Supermarkt in Niederbayern. Neben meiner Arbeit in der Familienkasse Bayern Süd, die mir sehr viel Spaß macht, verbringe ich gerne Zeit draußen, abends mit unserem Hund. Ich bin gerne kreativ in verschiedenen Bereichen und mag alle Aktivitäten bei denen man nicht nur zuschauen, sondern mitmachen kann. Mein Lieblingsort ist unterwegs!

Wie sind Sie zur DGM gekommen und welche Angebote der DGM haben Sie vor Ihrer Tätigkeit genutzt?

Als Jugendliche habe ich die Diagnose einer Gliedergürteldystrophie gestellt bekommen, die später dann als LGMD2a (Calpainopathie) gesichert wurde.  Im Rahmen meines ersten Besuchs im Muskelzentrum München haben meine Eltern und ich von der DGM erfahren, seit 1991 bin ich nun Mitglied. Später habe ich an einem Jugendwochenende der DGM teilgenommen und dort auch Freundschaften geschlossen, die mich lange begleiteten. Die Sozialberatung und die Physiotherapeuten am Muskelzentrum in München haben mich immer wieder unterstützt bei der Auswahl der Hilfsmittel oder in anderen Anliegen.

Wie kam es, dass Sie sich entschieden haben, sich ehrenamtlich für die DGM zu engagieren und was motiviert sie heute für diese Tätigkeit?

Ich wurde vor langer Zeit von einer der Sozialberaterinnen angesprochen, ob die Tätigkeit als Kontaktperson nicht etwas für mich wäre. Es brauchte einige Jahre, in denen ich mich zunächst selbst mit meiner Muskelerkrankung auseinandergesetzt und mein Leben organisiert habe, bis der Augenblick kam, an dem ich mich auf einem vom Landesverband Bayern ausgerichteten Fachsymposium dazu tatsächlich entschloss.

Wie können wir uns Ihre Tätigkeit praktisch vorstellen?  Welche Aufgaben übernehmen Sie beispielsweise und wie sind die zeitlichen Anforderungen an Sie?

Die Tätigkeit als Kontaktperson lässt einem viel Spielraum, die Anforderungen zu steuern und so zu gestalten, wie es ins eigene Leben passt. Ich habe das große Glück, Kontaktperson für die Gruppe in Straubing zu sein, eine Kontaktgruppe, die bereits seit 20 Jahren besteht und in der es viele tätige Hände gibt. So können wir ein aktives Gruppenleben mit Feiern, Ausflügen, Vorträgen und natürlich viel Zeit zum Austausch in buntem Wechsel gestalten. Dafür bin ich sehr dankbar, weil ich selbst die gesamte Organisation in meinem bereits fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung niemals schaffen würde. Außerdem macht bereits das gemeinsame Vorbereiten sehr viel Spaß. Ich telefoniere viel mit Menschen, die sich an mich wenden und den Erfahrungsaustausch mit einer selbst betroffenen Person suchen. Ich vermittle Kontakte zu anderen Muskelkranken, gebe Tipps zu Hilfsmitteln und Anlaufstellen. Manchmal reicht es auch einfach, zuzuhören und nachzufragen. Mit jedem Gespräch lerne auch ich dazu. Ich bin ca. 2 – 3 Stunden monatlich als Kontaktperson für den Landesverband und daneben noch mit verschiedentlichem Zeitaufwand für die Diagnosegruppe Gliedergürteldystrophie tätig.

Sicher ist es nicht immer leicht, sich den Anforderungen eines Ehrenamts zu stellen? Worin besteht für Sie die größte Herausforderung bei der Erfüllung Ihrer Aufgaben?

 Eine der größten Herausforderungen für mich ist es, jeden seinen eigenen Weg gehen zu lassen, weil jeder Weg anders ist und jeder auch über seine eigenen Hürden stolpern muss und darf. Eine Muskelerkrankung verändert Menschen und Beziehungen, löst manchmal Freundschaften und schafft zuweilen eine Verbundenheit, die andere Menschen nicht kennen. Sie stellt Aufgaben, die an manchen Punkten nicht lösbar erscheinen und bringt einen manchmal an die persönlichen Grenzen. Und manchmal muss und darf man auch Wege mit anderen mitgehen, die man sich und dem anderen so nicht wünschen würde.

Andererseits vermuten wir, dass die Übernahme von Aufgaben für Andere auch positive Auswirkungen auf Ihre persönliche Entwicklung hatte bzw. hat. Welchen Gewinn ziehen sie aus dieser Tätigkeit, z.B. für das eigene Leben, den Beruf, Ihre Persönlichkeit?

Als Geschenk empfinde ich es, Menschen kennenzulernen, die für mich herausragende Persönlichkeiten sind: Mütter entwickeln sich zu Löwinnen, wenn es um ihre betroffenen Kinder geht; junge Erwachsene stecken selbst dann nicht den Kopf in den Sand, wenn sie nach dem x-ten Sturz sich wieder und wieder aufrappeln müssen, und gerade die, denen am wenigsten Fähigkeiten verblieben sind, sind oft die zufriedensten Menschen, die ich kenne. Nirgendwo habe ich großartigere Menschen kennengelernt als unter muskelkranken Menschen und ihren Angehörigen und ich betrachte es als Ehre, ein Teil dieses bunten und vielfältigen Kreises zu sein!

… und was ich sonst noch sagen möchte….:

Wer auch immer das liest: Suchen Sie den Kontakt zu anderen, immer wieder, zu einzelnen Muskelkranken und auch zu den Kontaktgruppen, die sich regelmäßig treffen, nutzen Sie die Begegnungs- und Informationsmöglichkeiten, die die DGM bietet. Auch wenn über die Jahre hin manche Kontakte lose werden, irgendwann kommt doch der Zeitpunkt, an dem man froh ist, zu wissen, an wen man sich wenden kann, wenn es mal Not tut. Gemeinsam findet sich immer ein Weg!

Herzlichen Dank für Ihre Mitarbeit und das Interview!
(August 2019)